Andacht zu 2.Mose 33,17b-23
Ende einer Ära (2.Sonntag nach Epiphanias), Tag 7

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Lesung:

2.Mose 33,17b-23

Der HERR sprach zu Mose: Auch das, was du jetzt gesagt hast, will ich tun; denn du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen. Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen! Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht all meine Güte vorübergehen lassen und will vor dir kundtun den Namen des HERRN: Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich. Und er sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. Und der HERR sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun, und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.

 

Thema:

Wie wir Gott erfahren können

 

Auslegung:

Haben Sie sich auch schon einmal nach so einem Augenblick gesehnt: Gott in seiner ganzen Schönheit, Klarheit und Vollkommenheit sehen? Wie viel Positives könnte das bewirken: Vergewisserung des Glaubens. Schwung für den Alltag. Mut zum Zeugnis für Gott.

Dem Mose wurde sein Wunsch nicht erfüllt. Uns auch nicht. Nicht weil Gott knauserig ist, sondern zu unserem eigenen Schutz.

Der Unterschied zwischen dem lebendigen Gott und uns sterblichen Menschen ist so groß, dass wir eine unmittelbare Begegnung mit der Heiligkeit Gottes nicht überleben würden. Wie eine Mücke, die in den Insektengrill geraten ist, würden wir verbrutzeln.

Dennoch darf Mose Gottes Nähe erfahren. Doch dies geschieht anders, als Mose es sich erträumt hatte:

1. Mose darf Gottes segnende Hand über sich spüren, solange er sich im Schutzraum einer engen Felskluft verbirgt. So geht es auch uns heute: Gerade wenn es eng wird in unserem Leben, hält Gott seine segnenden Hände über uns.

2. Mose darf hinter Gott hersehen. Das dürfen wir auch: Wir dürfen auf Jesus, den Gekreuzigten blicken. So zeigt sich uns Gott: Im Scheitern. In der Niederlage. Im Dunkel seines Sterbens. Aber schon der Anblick dieser schmucklosen Rückseite Gottes kann uns zu so großer Gewissheit, zu so gewaltigem Trost und so tiefer Dankbarkeit führen! Da steckt die ganze Herrlichkeit Gottes drin. Die Kehrseite des Kreuzes ist der Glanz des Auferstandenen. Auch ihm sehen wir jetzt hinterher. In der Ewigkeit aber werden wir ihn sehen von Angesicht zu Angesicht.

 

Gebet:

Vater im Himmel, ich sehne mich nach dem Anblick deiner ganzen Herrlichkeit. Danke, dass ich mich schon jetzt in deinen Händen geborgen wissen darf. Danke, dass ich Jesus nachfolgen darf. Lass mich in seinen Fußspuren gehen und auf diesem Weg Trost, Gewissheit und Geborgenheit finden!

 

Impuls:

Denken Sie über die bekannte Geschichte „Spuren im Sand“ nach!

Inhalt etwa: Ein Mensch meint, von Gott verlassen zu sein, weil er auf einem Abschnitt seines Lebensweges nur zwei Fußspuren sieht und meint, es seien seine eigenen. Schließlich wird er von Gott darauf hingewiesen, dass es Gottes Fußspuren waren, und dass Gott ihn/sie die ganze Zeit getragen hat. Diese Erkenntnis ist für den Menschen überwältigend.

 

Hintergrundinformationen:

v     Die Auslegung dieser Andacht bezieht sich auf Martin Luther, der im obigen Bibelabschnitt einen Beleg für seine „theologia crucis“ (Theologie des Kreuzes) entdeckt hat, die er der „theologia gloriae“ (Theologie des Glanzes), die die Papstkirche seiner Zeit vertrat, entgegensetzte. Christsein heißt Kreuzesnachfolge Jesu. Oft sieht und erlebt der Jünger Jesu nur die „Rückseite Gottes“: das Kreuz (Leid, Ungewissheit, Verfolgung usw.).

 

Autor dieser Andacht: Robert Augustin